Werkzeugmacher-Drehbank SV 102
Schon kurz nach Beginn meiner Tätigkeit im Tabakpfeifenbau wurde mir klar, dass eine Drehmaschine wohl ein unverzichtbarer Bestandteil meiner Werkstatt sein wird. Diverse Arbeitsschritte lassen sich von mir aus gesehen nur mit einer solchen Einrichtung präzise und korrekt durchführen.
Auf der Suche nach einer geeigneten Maschine fielen mir schon sehr bald die Produkte der Firma Schaubin Machines SA auf. Der Sitz dieses Unternehmens liegt im schweizerischen Jurabogen, also im Herzen jener Region, in der die schweizerische Werkzeugmacherindustrie ihren Ursprung hat. Seit fast einem Jahrhundert baut die Schaublin Machines SA Dreh- und Fräsmaschinen und verschreibt sich weiterhin dem gleichen Ziel, nämlich der Herstellung von Präzisionsmaschinen. Noch heute schreiben die berühmten Schaublin-Drehmaschinen 102 und 70, von denen weltweit bisher mehr als 100’000 Stücke verkauft wurden, ihre Erfolgsgeschichte fort. Und nicht selten findet man Anwender, die zu ihrer grössten Zufriedenheit mit Maschinen von Schaublin Machines SA arbeiten, die bereits älter als 60 Jahre sind.
Die Anschaffung einer neuen Maschine schien mir doch als eine etwas zu grosse Investition, also hielte ich Ausschau nach einem geeigneten Objekt im Gebraucht-Markt. Von einem privaten Anbieter erwarb ich dann schliesslich eine Werkzeugmacher-Drehbank Typ SV102, in der Ausführung mit geschlossenem Kasten-Untergestell. Die Maschine stammt aus den 1950-er Jahren, war schon damals ein weltbekanntes Produkt und ist in ihrem Arbeitsbereich «die Maschine par excellence» für die Herstellung von Werkzeugen. Sie ist ein wertvolles Arbeitsinstrument für jeden Feinmechaniker in der Präzisionsindustrie, der Elektrotechnik und im Apparatebau.
Werkzeugmacher-Drehbank SV 102, Titelbild von Katalog aus dem Jahre1952 der Maschinenfabrik Schäublin AG
Die Maschine befand in einem technisch recht guten Zustand. Diverses Zubehör inkl. einem Motoraufsatz mit Riemenspanner für Schleif- und Fräsvorrichtung war vorhanden. Alles schien immer noch so beisammen zu sein, wie es das Werk ursprünglich mal verlassen hatte. Ich stellte jedoch fest, dass in vergangener Zeit eine eher laienhafte Pinsel-Renovation an diesem Objekt stattgefunden haben musste. So entschied ich mich dazu, die Maschine komplett auseinander zu bauen und eine grössere Aufarbeitung vorzunehmen. Der Aufbau ist nicht sehr kompliziert und auch nach über 60 Jahren liessen sich sämtliche Schrauben korrekt lösen. In Abstimmung mit einem Industrielackierwerk wurde definiert, dass das Kasten-Untergestell, die Schubladen sowie die Wanne pulverbeschichtet werden. Alle anderen Lackierungen wurden nach neuster Nasslackier-Technik mit 2-Komponenten-Produkten ausgeführt. Vorgängig wurden alle alten Lacke und Beschichtungen mittels Sandstrahlen entfernt. Die sehr zeitaufwendigen Abdeckarbeiten, um blanke Stellen beim Sandstrahlen oder Lackieren zu schützen, wurden von mir selbst erbracht. Die Sandstrahl- wie auch die Lackierarbeiten wurden durch ein modernstes Industrielackierwerk vorgenommen. Da mir der Originalfarbton RAL 6011 (Resedagrün) doch etwas zu altmodisch erschien, wurden die Farben RAL 5013 (Kobaltblau) für den Unterbau und RAL 9010 (Reinweiss) für die Aufbauten definiert. Zwei Farbtöne, welche die Schaublin Machines SA an neueren Maschinen verwendet.
SCHAUBLIN MACHINES SA, Bévilard (Schweiz)
Nebst dieser optischen Renovation wurden folgende weitere Arbeiten an dieser Maschine erbracht:
- Einbau von je einer Schwenktüre in der linken und rechten Stirnseite des Kasten-Untergestells, um die darin vorhandenen Leerräume nutzen zu können (Die Blechausschnitte wurden dabei für die Türen wiederverwendet)
- Einbau einer Trennwand in das Kasten-Untergestell
- Einbau von Abdeckungen und Tablaren im Kasten-Untergestell
- Anbringen von zwei Bock- und einer Lenkrolle inkl. den dazu notwendigen Konsolen und Feststellfüssen
- Erneuerung und Modernisierung der elektrischen Steuerung inkl. Herstellung einer Bedienkonsole
- Austausch der Lager am Motor und an der Übersetzungswelle
- Gründlichste Reinigung bis auf die letzte Schraube
- Austausch und Ergänzung von wenigen defekten oder fehlenden Kleinteilen (Die Schaublin Machines SA hält ca. 50’000 Ersatzteile auf Lager, womit auch 60 Jahre alte und sogar noch ältere Maschinen gewartet und instandgehalten werden können!)
Als Abschuss dieser Renovation wurde die Maschine wieder sorgfältig zusammenbebaut. Alles passte präzise aufeinander und nirgendwo findet man unnötiges Spiel. Wo immer möglich wurden die Original-Schrauben und -Muttern wiederverwendet. Nach den notwendigen Schmierungen gemäss Vorgaben der Schaublin Machines SA wurde die Drehbank dann wieder in Betrieb genommen.
Im Laufe der Zeit konnten wichtige Zubehör-Komponenten wie Kreuzhebel-Bohrreitstock, Lünette, Vertikalsupport mit Fräs- und Schleifspindel, Hebelkreuzsupport und Handauflagen aus dem Gebraucht-Markt erworben werden. Einige dieser Werkzeuge wurden ebenfalls sorgfältig aufgearbeitet.
Vertikalsupport mit Spindelstock für Fräsarbeiten (in Originalzustand)
Ob es sich um Einzelanfertigungen oder Serienarbeiten, um Reparatur- oder Justierarbeiten handelt, immer kann die Zusammensetzung einer solchen Drehbank angepasst werden. Ein besonders markanter und geschätzter Vorteil dieser Schaublin-Maschinen liegt in der grossen Anzahl ihrer Organe und Zubehörteile, die voneinander unabhängig und untereinander austauschbar sind. Auf diese Weise kann stets die optimalste Drehbank-Ausstattung für eine bevorstehende Operation in Anwendung gebracht werden.
Die Werkzeugmacher-Drehbank SV102 hat eine Spitzenhöhe von 102mm.
